Warum es den Königsweg zum „Sprecher“ sein nicht gibt – und warum es trotzdem Sinn macht, ihn zu suchen…
“Was ist denn eigentlich wichtig, wenn man Sprecher werden möchte?”
Wie oft musste ich auf diese Frage schon nach einer Antwort suchen. Meistens sage ich dann: „Naja, zuerst einmal ist es von Vorteil, eine Stimme zu besitzen. Und da ist es gar nicht mal so wichtig, dass diese wirklich schön ist.“ Auch wenn es die wenigsten glauben mögen – es ist so…
Als Paradebeispiel haben wir da den Schauspieler Santiago Ziesmer.
Ein toller Synchronsprecher – allerdings nicht unbedingt mit der schönsten Stimme der Welt gesegnet: Ziesmer spricht unter anderem die deutsche Stimme von Spongebob Schwammkopf, und wie die klingt, das wissen wir. An seinem Können zweifelt aber trotzdem niemand, oder?

Viele Synchronsprecher, so auch Ziesmer, besitzen eine klassische Theater- oder Schauspielerausbildung. Das ist deshalb nützlich, weil Synchronsprecher logischerweise auch schauspielern müssen – und das nicht nur, um die Stimmen von Hollywoodstars zu ersetzen. Ein Muss ist eine solche Schauspielerausbildung für den Beruf des Sprechers aber nicht, das ist ein Mythos der sich hartnäckig hält.
Auch wenn eine solche Ausbildung sicherlich nicht schaden kann, sprechen kann am Ende jeder – wenn er es richtig macht, denn: Es gibt eine Vielzahl von verschiedenen „Sprecher-Typen“, die allesamt unter die Berufsbezeichnung Sprecher fallen.
Da gibt es den oben genannte Synchronsprecher, den Werbesprecher, den Nachrichtensprecher, den Hörspielsprecher, den Reporter, den Kommentator, den Hörbuchsprecher, im Grunde ist sogar ein Radiomoderator eine Art von Sprecher.
Schließlich verdient auch er sein Geld durch die Arbeit mit seiner Stimme.
Das Berufsbild des Sprechers gibt es schon seit hunderten von Jahren. Ursprünglich kommt es nämlich noch aus einer Zeit, in der es gar keine Tonaufnahmen gab. Schon im Mittelalter waren die Menschen darauf angewiesen, Nachrichten oder Reden schnell an die Bevölkerung weiterzugeben. Was heute der Rundfunk ist, war damals der Herold. Und wer kennt sie nicht, die alten Ritterfilme, in welchen eben jener Herold auf den Turnierplatz schreitet, um seinen Ritter mit Schild und Lanze anzukündigen? Diese Herolde wurden ebenfalls gerne als Werbesprecher engagiert. So standen sie als Marktschreier auf öffentlichen Plätzen und verkündeten die neuesten Waren diverser Händler, lasen aus Zeitungen vor, oder priesen einfach auf Geheiß des Herrschers dessen Güte und Großherzigkeit.
Einige Jahre später dann, als Dichter und Denker das Land bevölkerten, begannen diese in öffentlichen Lesungen ihre Gedichte und Romane vorzulesen. Friedrich Schiller beispielsweise soll ein hervorragender Vorleser gewesen sein.
Der endgültige Sprung zum heutigen „Sprecher“, kam aber durch die Erfindung des Radios. Am 22. Dezember 1920 ging in Deutschland die erste Radiosendung „On-Air“, ein Weihnachtskonzert wurde übertragen… Und ab sofort gab es den Beruf des Radiosprechers, oder Radiomoderators.
Im Laufe der Zeit entwickelte sich der Rundfunk weiter, immer mehr Menschen hatten ein Empfangsgerät und die Einschaltquoten stiegen und stiegen. Das bemerkte natürlich auch die Werbeindustrie. Zeitungsannoncen gab es schon bis weit ins 19. Jahrhundert zurück, doch nun kam man zu einer einigermaßen pfiffigen Idee: „Warum keine Werbung im Radio schalten?“. Die alte Idee des Herolds wurde neu aufgegriffen – glücklicherweise (also glücklicherweise für uns Sprecher) mussten diese Herolde nun aber nicht mehr auf überfüllten Marktplätzen oder in der Ritterarena ausrufen, sondern konnten dies bequem vom Radiostudio aus erledigen. Der heutige Werbesprecher war erfunden.
Dieses Prinzip hält bis heute an, und entwickelte sich mit der Erfindung des Fernsehens und der Freigabe des Fernseh-Werbemarktes weiter, sodass aus dem alten Radiowerbesprecher nun gleichermaßen der Fernsehwerbesprecher wurde.
Da Radio- und Fernsehprogramm aber nicht nur aus Werbung bestehen konnten, sondern eben auch aus Reportagen, Nachrichten, Featuren, Filmen und Dokumentationen, weitete sich das Berufsbild des Sprechers immer weiter aus. Zum Radiomoderator und Werbesprecher kamen Sprecher für alle möglichen Genres der Medienkunst hinzu. Und logischerweise sind die Ansprüche an einen Sprecher von Genre zu Genre völlig unterschiedlich.
